Die Perger Mühlsteinrallye (10. August 2024) sieht sich als Großveranstaltung wie viele andere auch - der ökologische Fußabdruck wird längst schon groß geschrieben. Und: Wie nachhaltig kann eine Rallye, wie nachhaltig kann Motorsport sein?
Fotos: Harald Illmer
Wenn am 10. August die Perger Mühlsteinrallye gestartet wird, freut sich die Touristik (Hotels und Pensionen) im Raum Schwertberg und darüber hinaus über rund 1.000 Übernachtungen. Denn es sind rund 80 Teams, die zu dem zweitägigen Event (Besichtigung der Strecken am 9. August, Rallye am 10. August) erwartet werden - ein Team besteht aus Fahrer/Beifahrer und mindestens einem Mechaniker, dazu kommen aber auch Freunde und Helfer der Teams, das Organisationsteam der Veranstalter und die zahlreichen Fans des Rallyesports, die recht gerne einen Kurzurlaub mit dem Rallyebesuch verbinden. Und weil Sport stets auch Hunger weckt, kann auch die lokale Gastronomie mit einem guten Geschäft rechnen. Eine Rallye ist also nicht nur eine sportliche, sondern auch eine wirtschaftliche Bereicherung.
Rallyepiloten als Sicherheits-Instruktoren:
Doch es geht im Leben bekanntlich nicht nur um das „liebe Geld“. Der Rallyesport sorgt auch für erhöhte Verkehrssicherheit. Im Motorsport wurden schon seit jeher die neuesten technischen Errungenschaften auf Herz und Nieren geprüft - im Rallyesport wurde beispielsweise der Allradantrieb zur Perfektion entwickelt, heute ist er in zahlreichen Fahrzeugen ein Garant für mehr Sicherheit. In eigenen Rallyeschulen wiederum können Fahrzeuglenker die physikalischen Grenzen erfahren und beispielsweise lernen, wie man sich auf nassem, losem Untergrund, auf Schnee und Eis mit einem kräftigen Gasstoß in Sicherheit bringen kann oder dass man beim Bremsen mittels „Pumpen“ dafür sorgt, dass die Räder nicht blockieren und man so die Kontrolle über das Fahrzeug bewahrt. Oft sind Rallyepiloten auch in sogenannten „Schleuderkursen“ der Verkehrsklubs ÖAMTC oder ARBÖ als Instruktoren tätig - klar: Wer mit 180 km/h einen 300 PS starken Boliden über enge Feldwege oder rutschige Bergstraßen zirkelt, kann nur ein guter Autofahrer sein. Rallyepiloten sind Extremsportler - und es ist ihnen ein Anliegen, etwas zur höheren Verkehrssicherheit beitragen zu können.
„No Roadrunning“ - Jungpiloten „von der Straße holen“:
Es gibt die wunderbare Geschichte von einem Polizisten, der vor Jahrzehnten als Rallye-Teamchef einen damals noch blutjungen Motorradfahrer beim Schnellfahren erwischte und diesen zu einem Test mit seinem Rallyeauto lud. Es war der Beginn einer langen und bis heute andauernden Karriere als erfolgreicher Rallyepilot, den der damalige Teamchef erfolgreich „von der Straße holen“ konnte. Immer wieder wird in der Rallye-Community an niederschwelligen Einstiegsmöglichkeiten gearbeitet, um es auch jungen Menschen zu ermöglichen, ihr Talent in geordneten Bahnen, sprich auf abgesperrten Strecken unter Beweis stellen zu können. Erwähnt sei hier die Aktion „No Roadrunning“ der Fahrschulen Easy Drivers Berndorf und Easy Drivers Bad Vöslau. Georg Gschwandner, Obmann der Austrian Rallye Challenge und Betreiber der beiden Fahrschulen hat diese Aktion ins Leben gerufen - regelmäßig werden „Rallye-Schnuppertage“ abgehalten. „Erfahre den legalen Grenzbereich“, werden junge FührerscheinanwärterInnen angesprochen, sie können an diesen Tagen preiswert selbst ein Rallyeauto pilotieren und auch mit einem Profi mitfahren…
Sicherheit ist oberstes Gebot:
Sicherheit wird bei den Rallye-Veranstaltern ohnehin ganz groß geschrieben. Rallyes werden auf sogenannten Sonderprüfungen abgehalten - das sind hermetisch abgeriegelte Strecken (in Österreich meist zwischen 5 und 15 Kilometer lang), hier sind zahlreiche HelferInnen an der Arbeit, aber auch Feuerwehr und Rettung müssen bei jeder Prüfung einsatzbereit sein. Extra ausgebildete Streckenfunktionäre sind an neuralgischen Punkten positioniert und stehen über Funkgeräte mit der Rallyeleitung in Verbindung. Die Rallyeteams starten meist in einem Abstand von mindestens einer Minute - ereignet sich ein Unfall, kann die gesamte Prüfung jederzeit mit der roten Flagge abgebrochen werden. Alle Aktionen der Funktionäre werden akribisch protokolliert, moderne GPS-Geräte sind im Einsatz. Zwischen den Prüfungen werden Verbindungsetappen absolviert - auf diesen müssen sich die Rallyeteams penibel an die Straßenverkehrsordnung halten, sonst drohen Strafen bis hin zum Ausschluss aus dem Bewerb.
„Hui statt Pfui“ - Mühlsteinrallye hinterlässt keine Abfälle:
Bei der Auswahl der Strecken werden die Anrainer stets mit einbezogen - die Prüfungen sind so angelegt, dass niemand in seinem Haus „eingesperrt“ wird. Sollte es in seltenen Fällen dennoch nötig sein, dass ein Anwohner für eine bestimmte Zeit lang nicht mit seinem Auto von und zu seinem Wohnsitz fahren kann, wird mit ihm eine Vereinbahrung getroffen, etwa ein Thermenbesuch angeboten. Oft sind diese Anrainer ohnehin große Rallyefans und freuen sich, wenn die Rallye-Elite an ihrem Haus vorbeifährt, sie also vom eigenen Garten aus zuschauen können. Selbstverständlich übernehmen die Veranstalter auch die Reparatur von etwaigen Schäden an den Straßen - bei Schotterpassagen wird ein klares Prozedere für die Wiederherstellung der Strecken vereinbart. Die Veranstalter der Perger Mühlsteinrallye haben sich zudem an der Flurreinigung „Hui statt Pfui“ beteiligt, eine von der oberösterreichischen Landesregierung ins Leben gerufene Littering-Kampagne, bei der gemeinsam Abfälle beseitigt werden.
Motorsport als Vorreiter für CO2-Reduktion:
Immer mehr wird auch der ökologische Fußabdruck ein Thema. Wobei Rallyes hier genau gleich wie auch andere Großveranstaltungen zu betrachten sind. Zudem beschäftigt sich der Motorsport schon seit jeher auch mit alternativen Antriebsarten. Es ist noch nicht allzu lange her, dass Manfred Stohl auf Österreichs Rallyepisten mit Erdgasantrieb erfolgreich war. Stohl war als Pilot bereits Gruppe N-Weltmeister und hat sich mit seinem Renn- und Entwicklungsteam international einen Namen gemacht. Erdgas war seiner Meinung nach nicht nur wesentlich CO2-ärmer, sondern wegen der höheren Klopffestigkeit auch der schnellere Antrieb. Mit zahlreichen Rallyesiegen wurde das auch unter Beweis gestellt.
Noch im Vorjahr hat das MIG Austria Rallye Team einen synthetischen HVO 100 Diesel Treibstoff eingesetzt, der um 90 Prozent CO2-ärmer ist - und: Michael Kogler konnte damit bei der Perger Mühlsteinrallye 2023 einen Klassensieg erringen. Luca Pröglhöf wiederum heißt jener Jungpilot, der mit der Abteilung Fahrzeugtechnik der HTL Mödling kooperiert - 2018 hat er dort selbst maturiert, seit 2023 bilden die SchülerInnen einen Teil seines Rallyeteams, die künftigen Ingenieure können also direkt im Wettbewerb wertvolle Erfahrungen sammeln. Reges Interesse weckte auch der 14-fache Rekord-Staatsmeister Raimund Baumschlager, als er in Kooperation mit der Firma Kreisel ein elektrisch betriebenes Rallyeauto zum Einsatz brachte. Der Automobilkonzern Stellantis betreibt seit einigen Jahren einen europaweiten Opel e Rallye Cup. In der Formel 1- und auch in der Rallye-Weltmeisterschaft wird längst mit modernen Hybrid-Antrieben gefahren. Man sieht: Der Motorsport bleibt eine Art Versuchslabor für die automobile Technik der Zukunft.
Ökologischer Fußabdruck - wie jede andere Großveranstaltung:
Die Rallye-Organisation der Perger Mühlsteinrallye setzt auch bei den Mitarbeiter-Fahrzeugen auf möglichst CO2-arme Fahrzeuge - heuer werden zudem zwei Elektro-Autos in die Flotte integriert.
Der ökologische Fußabdruck einer Rallye ergibt sich vornehmlich daraus, wie die Zuschauerströme gelenkt werden. Die Perger Mühlsteinrallye ist wegen ihrer kompakten Gestaltung bei Aktiven und Fans gleichermaßen beliebt. Die Distanzen zwischen den Sonderprüfungen sind gering - sportliche Fans können sogar zu Fuß von einem Zuschauerpunkt zum nächsten wandern.
Das Thema Nachhaltigkeit ist im Organisationsbüro der Perger Mühlsteinrallye längst ein wesentlicher Punkt geworden. Ein Beispiel: Während früher zahlreiche Papiere ausgedruckt wurden - Beschlüsse der Rallyeleitung, Zwischenergebnisse und vieles mehr - wird dafür nun die Sportity-App genutzt. „So sparen wir Unmengen von Papier und Toner“, freut sich Peter Medinger vom Rallye Club Perg, der die Perger Mühlsteinrallye organisiert. Das Orga-Team arbeitet bereits auf Hochtouren - was die Nachhaltigkeit von Rallyes anbelangt, hat Medinger einen großen Wunsch: „Wir wollen einfach nur fair behandelt und eingestuft werden - ohne Vorurteile, einfach anhand der Fakten. Und die sind bei uns nicht anders als bei anderen großen Events. Wir bekommen von den Fans und auch den Bewohnern der Region vornehmlich ein gutes Feedback - das ist uns wichtig. Schließlich soll eine Rallye vor allem eines: Spaß machen!“
Pressedienst Perger Mühlstein Rallye 2024
Michael Noir Trawniczek |